KEVLA

1991 geboren, aufgewachsen in den glorreichen Neunziger Jahren. Gequält und gepisackt von einem sechs Jahre älteren Bruder und dessen Freunden. Immer umgeben von den großen, coolen Jungs, von denen ich mir viel abgeschaut habe. Nicht immer das Sinnvollste, aber doch auch Eigenschaften, die mich zu dem machten, was ich heute bin.

Wage kann ich mich erinnern, es war 1999, also mit zarten acht Jahren, als ich anfing meinem Bruder so richtig auf die Nerven zu gehen. Durch ihn war ich umgeben von einer Musik, die er mir mehr oder weniger freiwillig eintrichterte. In Zeiten von Samy Deluxe, Stieber Twins, Freundeskreis und Beginner bis hin zu Wu-Tang Clan, Nas, Eminem und Jay-Z fing ich an daran gefallen zu finden, was ich da hörte. Quasi mit Kinderschuhen stapfte ich durch die Anfänge des deutschen Hip-Hops ohne genau zu verstehen, was die da eigentlich sagten.

Ich würde behaupten es war mehr ein Nacheifern der großen Jungs als alles andere. Trotzdem bin ich daran hängen geblieben. Mit dreizehn Jahren schlich ich mich oft in Abwesenheit meines Bruders in sein Zimmer, hörte mir die CDs aus seinem Schrank an und versuchte alles mitzuschreiben was ich verstand. Mit ungefähr 14 Jahren checkte ich auch endlich was da, über meist harte Kicks und tiefe Bässe, gerappt wird. Einfache Melodie, viel Aussage. Sätze über die ich nachdenken musste, um den Sinn dahinter zu verstehen. Eine Art von Kunst die mir sehr gefiel. also probierte ich es selbst aus.

Damals habe ich es natürlich niemandem gezeigt, das könnte ja peinlich werden. Es waren eher einfache Worte die sich ab und zu mal gereimt hatten. Keine große Story dahinter. Einfach mal ausprobiert…

Dann kam eine nicht so einfache Zeit. Mein Vater starb an Krebs. Für einen stark pubertierenden Jugendlichen ein sehr prägendes Ereignis. Der Zusammenhalt in meiner Familie war der ausschlaggebende Grund, dass es mit der Zeit etwas leichter wurde. Emotionen mussten raus und ich lernte diese zu verarbeiten. Es gibt viele Wege Dinge zu verarbeiten. Bei mir war es die Musik.

Mit einem Stift und einem Blatt bewaffnet verschanzte ich mich stundenlang in meinem Zimmer und lenkte mich damit ab. Eine Zeit in der ich viel lernte und mir selbst versprach: „Irgendwann machst du selbst eine CD, die andere Menschen hören wollen“. Es entwickelte sich eine eigene Vorliebe des Hip-Hops. Kein Gangster Rap oder Ghetto gehabe. Ich war ein normaler Junge, aufgewachsen in normalen Verhältnissen. Warum sollte ich dann über Drogen, Schlägereien oder das große Geld reden.

Mit musikalischen Schlänkern in das Reggae-Genre und sogar die Electro- und House Sparte schliff sich mein eigener Stil und die Idee, wie es sich bei mir anhören soll. Wenn ich schätzen müsste, hat man wegen mir bestimmt schon einen kleinen Wald fällen müssen, so viel Papier was ich bekritzelt und wieder weggeschmissen habe, weil es nicht dem entsprach, was ich von mir erwartete. Mit der Zeit lernte ich dazu und begann das, was ich so im Alltag erlebte, durch schreiben zu verarbeiten. Es half mir immer einen kühlen Kopf zu bewahren und zu reflektieren, wie gut ich es eigentlich immer hatte.

Zwischenzeitlich eine Ausbildung begonnen und erfolgreich beendet, startete ich mit einem Studium und kam im Leben an. Die Zeit in der ich schrieb wurde immer weniger. Man hat eben auch anderes zu tun. Sport, Freunde, Partys.

Irgendwann packte mich wieder der Ehrgeiz und ich kaufte mir mein erstes eigenes Mikrofon. Auf kostenlose Beats aus Youtube oder verschiedenen Rap-Foren versuchte ich mich zu verbessern. Es war… ganz ok. Aber das Ziel war da. Ich will Rap-Musik machen.

Ich spielte schon seitdem ich 4 Jahre alt war Fußball. Durch den Sport lernte ich Tobi kennen. Anfangs hatten wir nicht viel miteinander zu tun aber wir verstanden uns immer ganz gut. Man sah sich auf den Weinfesten, tranken Samstags viel zu viel Schorle zusammen und stand Sonntags mit einem Höllenkater neunzig Minuten auf dem Platz. Ich hatte keine Ahnung, dass der Junge irgendetwas mit Musik am Hut hat.

Heute weiß ich gar nicht mehr genau wie wir darauf gekommen sind. Ich glaube er hat damals mitbekommen, dass ich in der Freizeit Rap-Texte schrieb und diese hin und wieder auf einen Beat, in einer Qualität des Grauens, aufnahm.

Er schickte mir einen Beat und fragte mich was ich davon hielt. Ich war begeistert. Das Ding war geil. Ich fragte ihn woher dieser Beat sei und er behauptete, dass er diesen Track produziert habe. Das glaubte ich ihm natürlich nicht, bis er mich zu sich einlud und mir zeigte, was dieser Tobasi so drauf hat. Ab da war es beschlossene Sache. Ab jetzt machen wir zusammen Musik.

 


 

TOBASI

92 geboren und bereits mit vier Jahren begann mein musikalischer Weg. Durch die Musikschule meiner Eltern hatte ich das Glück, an einer Musikalischen Früherziehung teilzunehmen. Danach kam Blockflötenunterricht… Das Ganze überstanden, folgte jahrelanger Klavierunterricht. Scheint offensichtlich, dass ich später irgendetwas mit Musik machen würde. Läuft, aber dem war nicht so.

Für mich war schon immer der Sport Number 1. Wie Kinder so sind, wollte ich lieber draußen mit den Jungs kicken und neue Sportarten ausprobieren, als stupide Noten zu lesen oder Tonleitern rauf und runter zu spielen. Einfach richtig langweilig. Die Musik war immer allgegenwärtig, aber nie an erster Stelle. Klavierunterricht, eher ein Muss als alles andere.

Meinen Eltern habe ich es zu verdanken, dass ich weiter machte. Nie gezwungen, aber mit Nachdruck eingeredet, dass man mit Klavierunterricht der beste Fußballer der Welt wird. Also blieb ich dabei. Jahre um Jahre vergingen. Klavierunterricht war ok, aber nichts weltbewegendes. Man ging halt so hin. Die Musik war fester Bestandteil meiner Erziehung.

Ich hatte nach der Schule nur eines im Sinn. Die Freizeit mit Freunden verbringen. Wenn es nach mir gegangen wäre, hätte man noch um 23 Uhr den Ball gegen das Garagentor knallen hören aber ab und an war es auch an der Zeit Klavier zu üben.

Hingesetzt, Noten aufgeschlagen, kurz geübt und danach ganz frei drauf los gespielt. Es faszinierte mich selbst Töne aneinander zu reihen. Anfangs nicht wirklich nice, aber definitiv zufriedenstellender, als vorgegebene Passagen nachzuspielen. So wie ich es aus dem Sport kannte. Da wurde auch nichts vorgegeben. Zumindest nicht in der Freizeit. Einfach ausprobiert und geschaut was so passiert.

Mein damaliger Klavierlehrer ließ mich deshalb oft nach Gehör spielen, was mein Musikempfinden stark geprägt hat. Er begleitete mich, ich improvisierte dazu. Immer anders, nie das Gleiche. Es kam nicht selten vor, dass wir die Noten einfach bei Seite legten. Durch den Erhalt meines ersten PCs wuchs zudem das Interesse an Technik. Ich befasste mich früh mit Bildbearbeitung, Videoschnitt oder erstellte Flyer für Poetry Slams. Beim Arbeiten am Computer vergaß ich oft die Zeit. Der Blick in den Bildschirm war eine gefundene Abwechslung. Keine nervigen Tonleitern, kein Bänderriss am Sprunggelenk, einfach nur da sitzen und vor sich hin werkeln.

Es war das Schlüsselereignis 2008, durch das die Musik in meinem Leben auf einmal an erster Stelle stand. Naja sagen wir fast.

Mein Klavierlehrer brachte ein Macbook mit zur Klavierstunde. Damals noch dieser weiße Plastikbomber mit gefühlten 50MB Arbeitsspeicher. Damit könnte man heute wahrscheinlich keine Emails mehr öffnen. Aber egal, er benutzte Technik in der Klavierstunde. Irgendwas passte da nicht zusammen. Etwas total Neues. Anders als sonst. Auf einmal extrem spannend.

Mein Klavierlehrer wollte das Gelernte festhalten. Es ging darum, Musikstücke Die ich bis dato gelernt hatte vom Klavier via Kabel auf den Laptop zu übertragen und aufzunehmen.

Da ich zu diesem Zeitpunkt noch keine Ahnung von Audio Recording hatte, wollte ich mehr darüber herausfinden. Ich befasste mich intensiv mit unterschiedlichster Software um selbst Klavierstücke abspeichern zu können. Es ergaben sich auf einmal unzählige Möglichkeiten. Nicht immer dieser ständig gleichbleibende „Grand Piano“ Sound den ich bisher kannte und von dem ich ehrlich gesagt gelangweilt war. Auch die onboard Sounds des E-Pianos klangen da nicht besser.

Durch die Fusion von E-Piano und dem PC war die Power da, tiefste Subs, scharfe Synths und geschmeidige Rhodes ala Fender zu generieren. Natürlich ist Klavierspielen im eigentlichen Sinne echt nice und dieser alt bewährte „Grand Piano“ Sound hat auch seine Daseinsberechtigung. Ich schätze analoge, klassische Musik mit der ich aufgewachsen bin. Aber sind wir mal ehrlich: Tiefe wummernde Bässe die deinen Herzschlag verändern?   ALTER!   Abfahrt!

Das Experimentieren mit unterschiedlichsten Sounds hatte mich von Anfang an gepackt und extrem fasziniert. Einfach mal ein „River flows in you“, mir egal ob A-Dur oder E-Moll, mit derbstem Bass gespielt, dass der River nicht nur in dir, sondern in deinem kompletten Zimmer samt Nachbarschaft flowt. Das war zufriedenstellend.

Soweit so gut. Die Software zu 10% verstanden, aussagekräftigere Sounds kreiert. Die Anfänglichen Beats waren trotzdem verdammt schlecht. Ich kaufte mir zur Unterstützung ein gebrauchtes Launchpad (dieser 64 Button Controller um Drums einzutriggern), was verdammt teuer für einen 16 jährigen Mittelstufenschüler war. Früh ins Ungewisse investiert und siehe da, die Beats waren leider immer noch eher semi professionell.

Es begann eine Zeit, die definitiv keine Böcke macht. Wieder üben, üben, üben, lesen, experimentieren, Erfahrung sammeln und das Ganze nochmal von vorn. Tracks in Dauerschleife gehört, hunderte Male. Falls alles soweit gepasst hat, wollte mein PC nicht mehr. Irgendwann kam ich an einen Punkt, das Launchpad, samt Piano zu verkaufen und meinen PC aus dem Fenster zu werfen. Zum Glück kam es dazu nie…

Nach einer etwas längeren Durststrecke befasste ich mich wieder mit der Materie und unterstützte meine Kenntnisse durch Youtube – How to – Videos. Ja, Youtube. 2009. Zu jedem Thema gab es drei Videos. Zwei davon doch nicht über das eigentliche Thema, das dritte so verpixelt, dass ich heutzutage mit einer „Smartwatch“ eine deutlich bessere Bildqualität erziele.

Also war wieder trial and error angesagt. Stunden, Tage und ewig lange Nächte. Dranbleiben war die Devise.

Geprägt von Jazz und der musikalischen Erziehung meiner Eltern entwickelte sich allmählich ein eigener Sound. Da ich selbst völlig genre-übergreifend Musik höre, wollte ich Beats erschaffen die einerseits melodisch und harmonisch klingen, andererseits aber diesen abgeklärten, lässigen „Vibe“ versprühen. Das für mich aus allen Stilrichtungen stimmigste vereint in einem Endprodukt. Packende Melodien, tragende Synthis und nen geiler Bass. Beats die mich auf Anhieb begeistern und mitreißen. Definitiv nicht mainstream, sondern eher eine Mischung aus dem, was mir mein Elternhaus all die Jahre mitgegeben hat und dem Input, der durch andere Künstler wie z.B. SEEED auf mich einwirkte. Achja, 15 Jahre her und ich bekomme von Next! immer noch Goosebumps.

Weitere spannende Jahre vergingen. Beats mittlerweile ganz gut hörbar. Meinen persönlichen Vorzeigebeat aufs Handy gepackt, beschallte ich mittels Bluetooth-Box meinen Freundeskreis. Bluetooth-Box klingt prinzipiell ganz gut, war es damals aber nicht. Es klang wie straight vom Handy, kein Low-end und gerade einmal schlappe 0,375 db lauter.. Egal.

Den Freunden gefiels und Kev, der zu diesem Zeitpunkt schon fleißig am texten war, war der Meinung drauf rappen zu wollen. Ich hatte bis dato schon mitbekommen, dass er selbst Texte schreibt und die ein oder anderen Lyrics von ihm verfolgt. Naja was soll ich sagen, dieser Dude packt genau das in seine Zeilen, was ich selbst so zu 100% unterstreichen kann. Stilvolle Texte mit Aussage, Storys von der ersten bis zur letzten Line, Parts über die ich zehn mal nachdenken muss um sie beim elften mal immer noch nicht zu verstehen. Schlicht und ergreifend Kunst eben. Rap, eine Kunstform, bei der der lyrische Inhalt immer im Fokus steht. Mit Kev kam genau dieses letzte Puzzleteil hinzu. Aussagekräftige, schlaue Texte gepaart mit melodisch, abwechslungsreichen Beats. Somit war die Sache für mich ganz klar.

 


 

KNT

Dezember 2017:

Es ist beschlossene Sache! Ohne Zweifel… Der Rap, die Beats. Kevla, Tobasi. So muss es sein… Nur der Feinschliff fehlte. Das war unser Ziel… Haben schnell gemerkt, dass es klappen kann, nur der Weg wird nicht einfach! Für uns war es von Anfang an klar…

Wir bringen unserer Heimat endlich wieder Hip-Hop bei!

Über den Daumen geschlagene dreihundert Rieslingschorle später wurde die Idee zu einer handfesten Sache. Von Null angefangen mit der Vision im Nacken kann es nur darauf hinaus laufen Musik für uns und alle die es feiern zu produzieren. Hunderte, Tausende Wörter aufs Blatt geschrieben. Im gleichen Atemzug Beats gebaut, Samples gefunden, Synths gespielt, verändert, gemixt und ins Kleinste gemastert. Das hört sich einfacher an, als es ist. Wir hatten keinen Plan und trotzdem zogen wir es bis zum Ende durch.

Die eigene Platte… Der eigene Name… Der eigene Sound…

Worauf kommt es an? Das ist eine Frage die man sich erst spät stellt. Ist es der Sound, die Aussage der Lyrics oder ob es auch gut bei der Crowd ankommt? Am Ende haben wir herausgefunden, dass wir damit zufrieden sein müssen! Es gibt keinen größeren Kritiker als man selbst einer ist. Nie zufrieden, immer am feilen. Anspruch kann nervig sein, aber genau deshalb hat es für die erste Platte etwas mehr als zwei Jahre gedauert.

Das Cover, der Name der Platte, die Tracklist. Wir hatten viele Ideen aber letztendlich ist es uns nicht schwergefallen.

Denn keine Weinstraße ist wie die Südliche.

Es war eine Mischung aus viel Spaß, dem Drang voran zu kommen, Stress und Stunden über Stunden an Arbeit, Fleiß und Lernerei bis wir uns endlich vorstellen können und jedem zeigen dürfen was wir für uns und für euch kreiert haben… Alles in allem ein Projekt, an dem wir gewachsen sind.

Das geht an alle die uns schon von Anfang an begleiten und an jeden der noch kommt, aus allen Städten und Gemeinden.

Danke für den Support, danke für die Inspiration und danke an alle die es feiern.

Wir sind KnT und das ist „Südliche“!